Similar Audiences

Digitales Marketing-Kommandocenter mit großen Bildschirmen, Daten-Dashboards, KI-Flussdiagrammen und einer Gruppe von Marketern, die Strategien und Konversionsdaten besprechen.
Dynamisches Digital Marketing Command Center mit KI-gestützten Datenvisualisierungen und Marketers im Strategiegespräch. Credit: 404 Magazine (Tobias Hager)
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Similar Audiences: Das Ende der Zielgruppen-Mystik im Performance Marketing

Similar Audiences, auf Deutsch oft als „ähnliche Zielgruppen“ bezeichnet, sind ein mächtiges Targeting-Feature im digitalen Marketing – insbesondere in den Ökosystemen von Google Ads und teilweise auch Microsoft Advertising. Die Idee: Aus deinen bestehenden, performanten Zielgruppen werden algorithmisch neue Nutzersegmente gebildet, die in ihrem Online-Verhalten, ihren Interessen und ihren demografischen Merkmalen den Ursprungsgruppen ähneln. Klingt nach magischer Reichweitenvermehrung? Fast. Aber wie alles im Performance Marketing steckt dahinter knallharte Datenanalyse, Machine Learning und eine Prise Plattform-Logik. Dieser Artikel erklärt, was Similar Audiences wirklich sind, wie sie funktionieren, warum sie inzwischen aus manchen Tools verschwinden – und welche Alternativen du heute nutzen solltest.

Autor: Tobias Hager

Similar Audiences: Definition, Funktionsweise und Abgrenzung zu Lookalike Audiences

Similar Audiences sind Zielgruppensegmente, die auf Basis einer sogenannten Seed Audience – also einer Ursprungszielgruppe – von Algorithmen automatisch generiert werden. Im Google-Ads-Kosmos werden sie häufig aus bestehenden Remarketing-Listen, Kundenlisten (Customer Match) oder Website-Besuchergruppen abgeleitet. Das Ziel: Neue Nutzer mit hoher Konversionswahrscheinlichkeit identifizieren, die den Top-Performern deiner bisherigen Zielgruppen datentechnisch „ähnlich“ sind, aber bislang (noch) keinen Kontakt zu deinem Unternehmen hatten.

Technisch betrachtet analysiert das System die Profileigenschaften (z. B. Alter, Geschlecht, Standort), das Such- und Surfverhalten, verwendete Endgeräte und weitere Signale deiner Seed Audience. Daraus werden Muster extrahiert, die dann auf die Gesamtheit der Nutzer im Google-Ökosystem angewendet werden. Das Resultat: eine neue Zielgruppe, die statistisch signifikant ähnliche Merkmale aufweist. Das ist nicht zu verwechseln mit Lookalike Audiences, wie sie zum Beispiel Facebook (Meta) oder LinkedIn verwenden. Während der Grundgedanke identisch ist, unterscheiden sich die Algorithmen, die zugrundeliegenden Nutzerdaten und die Reichweitenmodelle signifikant zwischen den Plattformen.

Wichtige Begriffe im Zusammenhang mit Similar Audiences:

  • Seed Audience: Die Ursprungszielgruppe, z. B. eine Liste von Website-Besuchern oder Käufern. Je qualifizierter und größer die Seed Audience, desto besser die Qualität der Similar Audience.
  • Remarketing: Die Wiederansprache von Nutzern, die bereits mit deiner Website oder App interagiert haben. Similar Audiences sind quasi die „kalte Expansion“ davon.
  • Customer Match: Hochwertige Zielgruppen, die durch Upload von E-Mail-Adressen oder anderen First-Party-Daten erstellt werden.
  • Datensignale: Alle nutzbaren Informationen über Nutzer und deren Verhalten, die Google zur Zielgruppenerstellung auswertet.

Die Qualität von Similar Audiences steht und fällt mit der Datenbasis deiner Seed Audience. Ein paar Hundert Besucher aus einer irrelevanten Kampagne liefern keinen brauchbaren Algorithmus-Futter. Wer wirklich skalieren will, braucht Masse UND Klasse in seinen Ursprungsdaten.

Praxis: Einsatz von Similar Audiences in Google Ads & Co – Chancen, Risiken, Stolperfallen

In der Praxis waren Similar Audiences jahrelang ein Geheimtipp für ambitionierte Performance Marketer, die ihre Reichweite effizient ausbauen wollten. Besonders in Kombination mit smarten Gebotsstrategien wie „Ziel-CPA“ (Cost-per-Acquisition) oder „ROAS“ (Return on Ad Spend) konnte die Erweiterung auf Similar Audiences die Neukundengewinnung spürbar beschleunigen. Die Logik: Wer wie meine besten Kunden aussieht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch konvertieren – zumindest in der Theorie.

So setzt du Similar Audiences optimal ein:

  • Erstelle hochwertige Seed Audiences. Je spezifischer und konversionsstärker, desto besser (z. B. „Alle Käufer der letzten 60 Tage“ statt „alle Website-Besucher“).
  • Teste Similar Audiences nicht isoliert, sondern im Vergleich zu klassischen Zielgruppen und Broad Targeting.
  • Kombiniere Similar Audiences mit anderen Targeting-Optionen wie demografischen Filtern oder In-Market Audiences, um Streuverluste zu minimieren.
  • Nutze Conversion-Tracking und Zielvorhaben, um die Leistungswerte (Klickrate, Konversionsrate, CPA) sauber zu messen.

Risiken und Stolperfallen gibt es natürlich auch – wie immer, wenn Algorithmen das Ruder übernehmen:

  1. Qualitätsverlust durch schlechte Seed Audiences: Garbage in, garbage out. Unsaubere oder irrelevante Ursprungsdaten führen zu schwachen Similar Audiences.
  2. Streuung und Budgetverschwendung: Zu breit angelegte Similar Audiences können zu hohen Streuverlusten und ineffizientem Budgeteinsatz führen.
  3. Abnehmende Performance bei gesättigten Märkten: In Nischenmärkten oder bei kleiner Datenbasis wird die Similar Audience schnell unscharf und verliert an Wert.

Wichtig: Die tatsächliche Performance hängt nicht nur vom Algorithmus, sondern auch von der Kampagnenstruktur, den Creatives, der Landingpage und dem Gesamtangebot ab. Wer Similar Audiences als „Zauberknopf“ für mehr Umsatz missversteht, verdient maximal ein müdes Lächeln.

Similar Audiences im Wandel: Auslaufmodell oder Zukunft im datengetriebenen Marketing?

Seit 2023 hat Google die Similar Audiences für neue und bestehende Kampagnen zunehmend abgeschaltet – offiziell mit Hinweis auf Datenschutz, Nutzer-Transparenz (Stichwort: Privacy Sandbox, Consent Mode) und eine stärkere Orientierung auf automatisierte, KI-basierte Zielgruppensteuerung. Das klassische Similar-Audience-Targeting ist damit in Google Ads Geschichte. Aber was bedeutet das für die Praxis?

Im Zentrum steht ein grundlegender Wandel im Datenmarketing: Weg von statischen, expliziten Zielgruppensegmenten – hin zu dynamischen, intent-basierten Modellen. Google setzt stattdessen auf:

  • Optimierte Zielgruppen (Optimized Targeting): Die Plattform erweitert deine Zielgruppe automatisch basierend auf Conversion-Signalen, unabhängig von einer expliziten Similar Audience.
  • Erweiterte Segmentierung durch KI: Machine Learning identifiziert relevante Nutzer auf Basis von Echtzeitdaten, Kontextsignalen, und individueller Kaufbereitschaft.
  • Datenschutzkonforme Ansprache: Weniger personenbezogene Attribute, mehr Fokus auf aggregierte Verhaltensdaten.

Für viele Marketer ist das ein Paradigmenwechsel – und ein Kontrollverlust. Statt selbst zu steuern, welche ähnlichen Nutzer angesprochen werden, übernimmt die Plattform die komplette Zielgruppenexpansion. Die Vorteile: weniger Setup-Aufwand, potenziell größere Reichweite, bessere Skalierbarkeit. Die Nachteile: Weniger Transparenz, schwerere Attribution, und ein Algorithmus, der manchmal auch ins Leere läuft.

Alternativen und Best Practices im Zeitalter nach den Similar Audiences:

  • Setze auf First-Party-Daten und Customer Match, um weiterhin hochwertige, eigens gepflegte Zielgruppen zu nutzen.
  • Kombiniere Broad Targeting mit Conversion-basierten Smart Bidding Strategien (z. B. Ziel-ROAS, Ziel-CPA), um die KI optimal zu füttern.
  • Nutze Intent-basierte Audiences wie In-Market- oder Custom Intent Audiences, die Nutzer nach aktuellem Kaufinteresse clustern.
  • Beobachte die Performance deiner Kampagnen granular und gib dich nicht mit Pauschalwerten zufrieden – Attribution ist King.

Fazit: Similar Audiences waren nur der Anfang – die Zukunft gehört der KI-gesteuerten Zielgruppenexpansion

Similar Audiences waren das perfekte Werkzeug in einer Ära, in der die Datenflut noch halbwegs beherrschbar war und Nutzerprofile mit wenigen Klicks zuverlässig segmentiert werden konnten. Heute, im Zeitalter von Datenschutz, Consent-Bannern und fragmentierten Datenquellen, reicht das nicht mehr aus. Die Zukunft des Targetings liegt in dynamischer, KI-basierter Zielgruppenansprache, die auf Signalen wie Kaufabsicht, Kontext und Echtzeitverhalten basiert.

Marketer müssen sich verabschieden von der Illusion, alles kontrollieren zu können. Wer heute erfolgreich skalieren will, setzt auf robuste First-Party-Daten, smarte Automatisierung und eine kompromisslose Analyse der Performance-Daten. Similar Audiences waren ein Zwischenschritt – die Zukunft ist datengesteuert, adaptiv und radikal transparent (zumindest für die Algorithmen, weniger für dich). Wer das verstanden hat, setzt nicht auf künstliche Zielgruppenmagie, sondern auf systematische, iterative Optimierung und den Mut, KI-Modelle für sich arbeiten zu lassen. Willkommen im neuen Zeitalter des Audience Targeting.