Berufsbild Chief Bullshit Officer: Kolumne mit Biss

Geschäftsmann schreibt moderne Business-Buzzwords wie Disruption und Agility mit bunten Markern auf eine Glasscheibe, Team applaudiert, PowerPoint-Folien und Startup-Atmosphäre.

Charismatischer Geschäftsmann notiert Business-Buzzwords vor applaudierendem Team im modernen Büro. Credit: 404 Magazine (Tobias Hager)

Berufsbild Chief Bullshit Officer: Kolumne mit Biss

Du willst in der digitalen Wirtschaft wirklich Karriere machen? Dann vergiss Chief Marketing Officer, Chief Digital Officer und wie sie alle heißen. Willkommen im goldenen Zeitalter des Chief Bullshit Officer – der einzige C-Level-Titel, der wirklich weiß, wie die Branche tickt. Die Wahrheit tut weh: In Zeiten von Buzzword-Bingo, AI-Geschwafel und LinkedIn-Profil-Optimierern regiert der CBO und verdient damit besser als jeder ehrliche Optimierer. Hier kommt die brutal ehrliche, technisch untermauerte und garantiert schmerzfreie Abrechnung mit dem Berufsbild Chief Bullshit Officer. Bereit für die bittere Pille?

Der Chief Bullshit Officer (CBO) ist das ultimative Produkt einer Branche, in der Schein wichtiger ist als Sein und in der technisches Know-how oft gegen schillernde Worthülsen verliert. Während die einen noch an ehrliche Conversion-Optimierung glauben, skaliert der CBO längst seine Schlagwörter, automatisiert seine Ausreden und verkauft Luftschlösser mit dem Charme eines TED-Talks auf Speed. Wer im Online-Marketing heute noch nicht weiß, wie man Daten schönredet, AI-Tools ohne Mehrwert orchestriert oder PowerPoint-Folien mit “Synergien” vollschmiert, der bleibt auf der Strecke. Der CBO ist kein Trend, sondern das Symptom einer Branche, die sich selbst im Kreis dreht. Und das Schlimmste: Er wird immer gebraucht werden, solange Unternehmen lieber an Visionen glauben als an belastbare KPIs.

Chief Bullshit Officer: Definition, Aufgaben und warum dieses Berufsbild boomt

Der Chief Bullshit Officer ist das Endstadium des Corporate Storytelling. Er jongliert mit Begriffen wie “Agilität”, “Disruption”, “KI-Transformation” und “Growth Hacking”, bis selbst der CEO nicht mehr weiß, was davon echt und was heiße Luft ist. Seine Aufgabe: Komplexität vortäuschen, um Unsicherheit in Budgets zu verwandeln und Entscheidungen auf Basis von Nebelkerzen zu forcieren. Während klassische Manager sich an Zahlen messen lassen, misst der CBO seinen Erfolg an Applaus-Dichte und der Viralität seiner LinkedIn-Posts.

Der CBO ist der Meister des strategischen Ungefähren. Er erkennt, dass die meisten Stakeholder technische Begriffe sowieso nicht verstehen und nutzt das gnadenlos aus. Statt konkreter Roadmaps verkauft er “Transformationsarchitekturen”, statt messbarer Ergebnisse gibt es “Quick Wins” und “Low Hanging Fruits”. Wer ihn nach technischen Details fragt, bekommt ein Buzzword-Konfetti, das jede kritische Nachfrage verstummen lässt. Die Wahrheit: Der Chief Bullshit Officer ist das Feigenblatt für Organisationen, die sich Digitalisierung auf die Fahnen schreiben, aber Angst vor wirklicher Veränderung haben.

Die Nachfrage nach CBOs explodiert, weil Unternehmen lieber auf die große Vision setzen als auf saubere Implementierung. Warum? Weil sich ein C-Level-Posten mit “Disruptor-Mentalität” besser verkauft als einer, der ehrlich auf technische Schuld und Legacy-Systeme hinweist. Wer im Unternehmen als CBO agiert, beweist: Hier zählt die Show, nicht der Code.

Die Rolle ist dabei keineswegs ein Witz. Sie ist die logische Konsequenz aus einer Branche, die mehr nach außen kommuniziert als nach innen optimiert. In Meetings dominiert der CBO mit der Fähigkeit, jede technische Sackgasse als strategische Pivot-Option zu verkaufen. Und in der Praxis? Da bleibt oft nur ein Scherbenhaufen aus verpassten Deadlines, verbrannten Budgets und einer Roadmap, die so flexibel ist wie ein Jellyfish im Sturm.

Skillset eines Chief Bullshit Officer: Buzzword-Engineering, Data-Fiction und Tool-Abuse

Wer CBO werden will, braucht keine klassischen Qualifikationen. Forget Coding, vergiss echte Marketing-Kompetenz – gefragt ist die Fähigkeit, mit den richtigen Buzzwords zur richtigen Zeit das Meeting zu sprengen. Das Herzstück des CBO-Skillsets: Buzzword-Engineering. Gemeint ist die gezielte Produktion und Platzierung von Begriffen, die nach Innovation klingen, aber im Kern nichts bedeuten. Wer “AI-driven”, “Blockchain-ready” und “Hyperautomation” im Schlaf kombiniert, ist schon halb im Club.

Zweites Must-have: Data-Fiction. Während Analysten mit SQL und BI-Tools arbeiten, reicht dem CBO ein PowerPoint-Chart mit einer Hockey-Stick-Kurve, die jedes Board überzeugt. Statt sich mit Datenintegrität herumzuschlagen, werden Statistiken so lange gedreht, bis sie die gewünschte Story erzählen. Und wenn es eng wird, zaubert der CBO ein “Market Potential Forecast” aus dem Hut, der mit der Realität ungefähr so viel zu tun hat wie ein Horoskop mit Predictive Analytics.

Doch das wahre Schlachtfeld des CBO ist das Tool-Stack. Kein Tool, das nicht in einen “Digital Transformation Accelerator” umgetauft werden kann. Der CBO liebt AI-Textgeneratoren wie ChatGPT, ohne sie je verstanden zu haben. Hauptsache, das Tool steht im Pitch Deck. Was zählt, ist die richtige Verpackung: Ein paar Screenshots, die USPs mit “Next-Gen-Technology” etikettiert, und schon steht der nächste Bullshit-Sprint an.

Wer jetzt noch glaubt, der CBO arbeite allein mit Worthülsen, irrt. Sein Tool-Abuse ist systematisch: Er nutzt Frameworks, die keiner versteht (OKR, KPI, NPS), und kombiniert sie mit selbst erfundenen Metriken, die jede Roadmap aufblähen. Am Ende entsteht ein System, das nur einen Zweck hat – den eigenen Einfluss zu sichern, während echte Fachleute mit dem Kopf auf die Tischplatte schlagen.

Technische Tools und Workflows des Chief Bullshit Officer – und wie sie Unternehmen in die Irre führen

Der Werkzeugkasten des CBO ist so breit gefächert wie leer. Statt echter Innovationskraft setzt er auf PowerPoint als Universalwaffe: Jede Idee, so vage sie auch sei, bekommt mindestens 20 Folien mit bunten Kreisen, fliegenden Pfeilen und “Impact Matrices”. Die technische Tiefe? Ein Mythos. Wichtig ist nur, dass das Slide Deck “Cloud-native”, “API-first” und “Omnichannel-Ready” schreit.

Ein weiteres Lieblingsspielzeug: ChatGPT und Midjourney. Hier werden in Minuten fertige Konzepte generiert, die weder getestet noch technisch durchdacht sind. Hauptsache, sie lassen sich als “AI-getriebenes Innovationsprojekt” verkaufen. Die Realität: Im Nachgang darf das Tech-Team monatelang an der Umsetzung verzweifeln, weil der CBO die Limitierungen der Tools nie verstanden hat und stattdessen von “Unicorn-Performance” spricht.

Auch SCRUM und Design Thinking werden vom CBO gekapert. Nicht, weil er agile Entwicklung versteht, sondern weil die Begriffe im Pitch besser aussehen als “klassisches Projektmanagement”. Die Folge: Es wird iteriert, was das Zeug hält – aber nicht, weil der Prozess Sinn ergibt, sondern weil sich mit jedem Sprint ein neues Buzzword ins Reporting schummeln lässt. Technischer Fortschritt? Fehlanzeige. Aber dafür jede Menge “Lessons Learned”, die sich als Erfolg verkaufen lassen.

Die Workflows des CBO sind darauf ausgelegt, Kontrolle zu vermeiden und Verantwortung zu zerstreuen. Dokumentation besteht aus Notion-Boards voller leerer Todos und Trello-Karten mit Überschriften wie “Strategic Alignment”. Jedes Meeting wird mit Action Items geflutet, die nie einen Owner finden. Am Ende bleibt ein Nebel aus Aufgabenfragmenten, die niemand nachverfolgt – aber jeder als Beweis für “kollaborative Exzellenz” im nächsten Quarterly Report präsentiert.

Chief Bullshit Officer und toxische Unternehmenskultur: Eine Symbiose der digitalen Dekadenz

Der CBO gedeiht nur dort, wo toxische Unternehmenskultur herrscht. Unternehmen, die nach außen “agil” wirken wollen, aber intern an Hierarchien und Angst vor Kontrollverlust leiden, sind das natürliche Biotop für den Chief Bullshit Officer. Hier wird die Angst vor echter Veränderung durch das Feuerwerk der Visionen ersetzt. Niemand fragt nach belastbaren KPIs, solange die Roadmap mit “Moonshot-Goals” glänzt und der Vorstand begeistert nickt.

Das Problem: Der CBO ist nicht das Problem, sondern das Symptom. Solange Unternehmen lieber auf schöne Stories als auf belastbare Ergebnisse setzen, werden CBOs weiter Karriere machen. Ihre größte Stärke ist das Erkennen von Unsicherheit: Wo Klarheit fehlt, wird Bullshit zur Währung. Jeder kritische Entwickler, der auf technische Schulden hinweist, wird zum “Innovation Blocker” etikettiert und aus dem Projekt entfernt.

In toxischen Unternehmen wird der CBO zum Gatekeeper. Er entscheidet, welche Ideen zur Chefsache werden und welche im Backlog verstauben. Sein Netzwerk basiert auf gegenseitiger Absolution: Wer im Meeting den größten Buzzword-Salat auftischt, bekommt den Zuschlag für das nächste Projekt. Die Folge: Projekte versanden, Budgets verpuffen, aber niemand haftet – weil der CBO alles als “Learning Journey” verkauft.

Der Preis dieser Dekadenz ist hoch. Echte Talente wandern ab, Innovationen werden durch politische Spielchen ausgebremst, und das Unternehmen verliert den Anschluss an die Realität. Wer im Zeitalter des CBOs überleben will, braucht eine funktionierende Bullshit-Detection – und die Bereitschaft, unangenehme Wahrheiten auszusprechen.

So erkennst du einen Chief Bullshit Officer – und schützt dich vor seinem Einfluss

Der CBO tarnt sich perfekt. Er spricht die Sprache der Digitalisierung, zitiert aus Harvard Business Reviews und kann jeden KPI in eine “Strategic Opportunity” umdeuten. Wer ihn entlarven will, muss auf die Details achten – und auf die Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität. Hier eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur CBO-Detektion:

Der beste Schutz gegen den Einfluss des CBO: Technische Kompetenz. Wer selbst versteht, wie digitale Produkte gebaut werden, ist immun gegen Bullshit. Unternehmen sollten technische Due Diligence zur Pflicht machen – und jede strategische Entscheidung an prüfbare Fakten knüpfen. Wer das nicht tut, spielt weiter im Bullshit-Orchester, bis das Licht ausgeht.

Schritt-für-Schritt: So wirst du ein Chief Bullshit Officer – oder schützt dein Unternehmen vor ihnen

Der Weg zum CBO ist kein Geheimnis, sondern eine Frage der Haltung. Hier die Anleitung für alle, die entweder aufsteigen – oder sich schützen wollen:

  1. Buzzword-Lexikon auswendig lernen: Trainiere Begriffe wie “Disruptive Synergy”, “Cloudification” und “AI-Enablement”. Je leerer, desto besser.
  2. Tool-Stack aufblasen: Nutze jedes neue SaaS-Tool, das nach Innovation klingt, egal ob es passt oder nicht. Hauptsache, die Abkürzung ist fancy.
  3. Meetings dominieren: Sprich viel, sag wenig. Fülle Zeit mit Visionen, nicht mit Lösungen.
  4. Daten kreativ interpretieren: Drehe Statistiken so, dass sie jede Entscheidung bestätigen. Wenn nötig, erfinde neue Metriken.
  5. Verantwortung delegieren: Sorge dafür, dass du nie für Misserfolge haftest. Teile Tasks auf, bis keiner mehr durchblickt.
  6. Selbstschutz für Unternehmen: Prüfe jede C-Level-Vision auf technische Machbarkeit. Verlange nachvollziehbare KPIs und setze auf “Bullshit-Proofing” im Reporting.
  7. Technische Checks etablieren: Mache regelmäßige Audits, hole Entwickler und echte Fachleute ins Boot, bevor du auf die nächste Vision setzt.
  8. Offene Fehlerkultur fördern: Nur wer Fehler eingesteht, verhindert, dass Bullshit zur Firmen-DNA wird.

Fazit: Warum der Chief Bullshit Officer die Wirtschaft überlebt – und was du daraus lernen musst

Der Chief Bullshit Officer ist nicht das Ende der digitalen Zivilisation – er ist nur ihr ehrlichstes Abbild. Solange Unternehmen lieber an Narrative glauben als an Code, wird der CBO weiter Karriere machen. Sein Erfolg basiert auf dem kollektiven Wunsch, Komplexität zu vermeiden und Verantwortung zu diffundieren. Wer das verstanden hat, kann sich schützen – oder selbst zum Spieler werden.

Die wirklichen Gewinner der digitalen Transformation sind nicht die, die am lautesten Visionen verkaufen, sondern die, die technische Integrität mit kritischem Denken verbinden. Bullshit-Detection ist die wichtigste Fähigkeit im Online-Marketing 2025. Wer den Chief Bullshit Officer durchschaut, bleibt relevant – alle anderen landen im digitalen Orkus, egal wie oft sie “Synergie” sagen. Willkommen bei 404. Hier zählt Substanz, nicht Fassade.

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