Bing

Dramatisches Bing-Logo mit blauer Beleuchtung und AI-Icons, im Schatten eines übermächtigen Google-Logos, umgeben von Grafiken und Microsoft-Symbolen
Digitales Artwork: Das Bing-Logo widersetzt sich mutig dem dominanten Google-Logo und symbolisiert Innovation durch KI und Microsoft-Technologien.
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Bing: Microsofts Suchmaschine im Schatten von Google

Bing ist die Suchmaschine von Microsoft – und, ja, die Nummer zwei weltweit. Während Google die digitale Dominanz gnadenlos auskostet, bleibt Bing für viele das ungeliebte Stiefkind im Suchmaschinenkosmos. Doch unterschätzen sollte man Bing nicht: Mit Milliarden von Suchanfragen pro Monat, cleverer Integration in Windows, Edge, Office und neuerdings KI-Features wie Copilot hat Bing seine eigene, ziemlich schlagkräftige Nische besetzt. Dieser Artikel erklärt, was Bing ist, wie es funktioniert, warum es (noch) existiert – und weshalb Marketer Bing in keiner digitalen Strategie ignorieren sollten.

Autor: Tobias Hager

Bing: Entstehung, technische Architektur und Marktposition

Bing wurde 2009 als Nachfolger von Live Search, MSN Search und Windows Live Search ins Rennen geschickt. Microsoft hatte bis dahin ein Händchen für Suchmaschinen-Flops, aber mit Bing zündete endlich der Turbo. Die Architektur von Bing basiert auf einer massiv verteilten Infrastruktur, die es ermöglicht, Milliarden von Dokumenten kontinuierlich zu crawlen, zu indexieren und zu ranken. Die Suchmaschine nutzt eigene Algorithmen für das Ranking (z. B. das CoreRank-Modell) und setzt auf Machine Learning und Natural Language Processing, um Suchintentionen zu erkennen.

Bing ist tief in das Microsoft-Ökosystem integriert. Standardmäßig ist Bing die Suchmaschine in Microsoft Edge und Windows-Suche. Das ist kein Zufall, sondern strategisches Kalkül: Microsoft nutzt seine Marktmacht, um Bing in den Alltag von Hunderten Millionen Menschen zu drücken – oft, ohne dass diese es merken. Auch Cortana, die Sprachassistenz in Windows, und der neue Microsoft Copilot (basierend auf OpenAI-Technologie) nutzen Bing als primäre Suchquelle.

Marktanteil? Global dümpelt Bing irgendwo zwischen 3 und 10 Prozent herum, je nach Region und Device-Typ. In den USA und im B2B-Segment schneidet Bing dank der Windows- und Office-Verbreitung deutlich besser ab. Im Mobile-Bereich bleibt Bing allerdings ein Zwerg – Android und iOS setzen auf Google. Dennoch: Bing ist die einzige globale Suchmaschine, die Google überhaupt noch Konkurrenz machen kann.

Bing SEO: Wie funktioniert das Ranking und wie unterscheidet es sich von Google?

Wer glaubt, Bing ließe sich wie Google „bespielen“, irrt gewaltig. Zwar gibt es Überschneidungen – schließlich basiert jede Suchmaschine auf Crawling, Indexierung und Ranking –, aber die Algorithmen von Bing ticken anders. Bing bewertet Onpage- und Offpage-Faktoren unterschiedlich, gewichtet technische Aspekte spezifisch und ist bei manchen Themen sogar fortschrittlicher als Google (Stichwort: Visual Search, KI-Integration).

Typische Bing-Rankingfaktoren:

  • Onpage-SEO: Bing bevorzugt klar strukturierte Inhalte mit sauberer HTML-Auszeichnung. Title-Tag und H1 sind extrem wichtig, Keywords dürfen ruhig im Title auch mal wiederholt werden – Over-Optimization-Filter wie bei Google sind milder.
  • Backlinks: Bing achtet stärker auf die Qualität und „Frische“ von Backlinks als auf die bloße Quantität. Brand-Links und Trust-Signale sind entscheidend.
  • Domain-Alter und Autorität: Alte, etablierte Domains ranken bei Bing besser. Brand Signals wie Erwähnungen ohne Link sind für Bing ein starkes Vertrauenssignal.
  • Social Signals: Bing ist die einzige große Suchmaschine, die Social-Media-Aktivitäten (Shares, Likes, Tweets) tatsächlich im Ranking berücksichtigt.
  • Technisches SEO: Bing-Crawler (Bingbot) sind weniger tolerant: Fehlerhafte Weiterleitungen, kaputte Sitemaps oder JavaScript-Overkill führen schneller zu Indexierungsproblemen.
  • Page Speed: Auch bei Bing ein Thema, aber weniger dominant als bei Google.

Einige Besonderheiten, die SEO-Profis beachten müssen:

  • Bing versteht Flash und Silverlight (ja, das gibt’s noch!) besser als Google – sollte aber niemanden motivieren, diese Technologien zu nutzen.
  • Bing liebt exakte Keyword-Übereinstimmungen, auch in Domains (Exact Match Domains).
  • Mobile-Freundlichkeit ist wichtig, aber Bing ist noch nicht so radikal Mobile-First wie Google.
  • Strukturierte Daten (Schema.org) werden unterstützt, aber weniger umfassend als bei Google.

Der wichtigste Unterschied: Bing „bestraft“ weniger, sondern „belohnt“ mehr. Das heißt: Wer sauber arbeitet, kann mit weniger Aufwand sichtbare Rankings erzielen – vor allem in Nischen und bei älteren, autoritativen Domains. Wer Bing konsequent ignoriert, verschenkt organisches Potenzial, gerade im B2B- und Desktop-Umfeld.

Bing Ads, Microsoft Advertising und die Rolle von KI: Warum Bing für Marketer relevant bleibt

Bing spielt im Online-Marketing keinesfalls nur die Statistenrolle. Über Microsoft Advertising (früher Bing Ads) betreibt Microsoft ein eigenes, hochentwickeltes SEA-Ökosystem. Wer Google Ads kennt, wird sich sofort zurechtfinden: Keyword-Targeting, Anzeigenerweiterungen, Conversion-Tracking, Remarketing – alles dabei. Der Clou: Bing Ads sind oft günstiger als Google Ads, weil der Wettbewerb niedriger ist und die Kosten pro Klick (CPC) im Schnitt 30–50 % unter Google liegen.

Besonders spannend: Bing Ads laufen nicht nur auf Bing, sondern auch auf Yahoo und AOL (durch strategische Partnerschaften) und sind in das Microsoft Audience Network integriert. Das eröffnet Werbetreibenden Reichweite in Zielgruppen, die sie mit Google schlicht verpassen – etwa im B2B, bei älteren Usern oder im Behördenumfeld.

Mit der Integration von KI – vor allem durch die Zusammenarbeit mit OpenAI und die Einführung von Copilot – positioniert sich Bing als Innovationsmotor. Die neue KI-Suche erlaubt nicht nur klassische Webresultate, sondern liefert Antworten, Zusammenfassungen, Visual Search und sogar Bildgenerierung direkt in den Suchergebnissen. Für SEOs und Content-Creator bedeutet das: Bing ist nicht länger nur ein Google-Klon, sondern ein eigenes Spielfeld mit eigenen Regeln und Chancen.

  • Copilot: Künstliche Intelligenz von Microsoft, die Suchergebnisse zusammenfasst, erweitert und als Assistent agiert. Basis: GPT-4 und Bing Knowledge Graph.
  • Visual Search: Bilderkennung und Reverse Image Search sind bei Bing besonders ausgereift. Bild-SEO ist hier ein echter Traffic-Bringer.
  • IndexNow: Bing ist federführend bei IndexNow, einem Protokoll, das Website-Betreibern erlaubt, neue oder geänderte Inhalte sofort an Suchmaschinen zu übermitteln.

Wer also auf Bing als Traffic- und Werbekanal verzichtet, schließt sich selbst von Innovationszyklen aus, die weit über klassische Suchmaschinenoptimierung hinausgehen.

Bing Webmaster Tools, IndexNow und technisches Bing-SEO: Die unterschätzten Potenziale

Die Bing Webmaster Tools sind das Pendant zur Google Search Console – und bieten einige Features, die sogar einen Schritt weitergehen. Neben klassischen Funktionen wie Indexierungsstatus, Keyword-Analyse, Backlink-Reporting und Crawling-Fehlern gibt es hier:

  • SEO Analyzer: Automatisierte Onpage-Prüfung mit konkreten Optimierungsvorschlägen.
  • URL Submission API: Möglichkeit, neue oder aktualisierte URLs direkt einzureichen – und das praktisch ohne Limitierung.
  • IndexNow: Ein von Microsoft initiiertes Protokoll, das Suchmaschinen und Website-Betreiber enger verzahnt: Jede Änderung an der Website wird per Push gemeldet – kein stundenlanges Warten auf den Crawler mehr.
  • Keyword Research: Eigene Tools zur Keyword-Analyse mit Bing-Suchdaten – oft mit überraschend anderen Trends als bei Google.

Bing ist insgesamt weniger nachtragend – Fehler lassen sich schneller beheben, Penalties sind seltener und transparenter. Aber: Wer technische Basics (saubere Sitemaps, robots.txt, HTTPS, klare Navigation, Vermeidung fehlerhafter Weiterleitungen) ignoriert, wird auch bei Bing gnadenlos abgewatscht. Besonderheiten wie die Unterstützung von IndexNow machen Bing für Techies und große Webprojekte besonders attraktiv.

Auch im Bereich Bild-SEO und Video-SEO hat Bing die Nase teilweise vorn: Der Bingbot rendert Bilder und Videos zuverlässig, und die Einbindung von Alt-Texten, Bildunterschriften und strukturierten Daten zahlt sich hier oft schneller aus als bei Google.

Fazit: Bing – das unterschätzte Schwergewicht im Online-Marketing

Bing ist nicht Google – und das ist gut so. Wer Bing ignoriert, verschenkt Reichweite, viel günstigen Traffic und die Chance, von Microsofts KI-Offensive frühzeitig zu profitieren. Für SEOs, Marketer und Unternehmen, die sich nicht mit der Rolle als Google-Kopist zufrieden geben, ist Bing ein Pflichtfeld im digitalen Werkzeugkasten. Durch KI-Integration, eigene Werbesysteme und technische Innovationen wie IndexNow ist Bing heute mehr als nur ein Nebenschauplatz: Es ist die einzige relevante Alternative im Suchmaschinenmarkt – mit Potenzial, das kluge Marketer konsequent nutzen.

Bing mag im Schatten von Google stehen, aber wer die Sonne sucht, sollte Bing nicht länger übersehen. In einer Welt, die nach Diversifizierung, Datenschutz und technologischem Fortschritt ruft, ist Bing plötzlich alles andere als irrelevant.